Leipziger Volkszeitung: Konzert vom 1.07.2012
Sommerliches Konzert mit jungen Musikern
Leipziger Volkszeitung 03.07.2012, Seite 10, Autorin: Tatjana Böhme-Mehner
Die Maskerade als Zugabe hat Kultstatus. Am Ende eines erfolgreichen Semesterkonzertes setzen die Musikerinnen und Musiker des Uniorchesters immer noch einen drauf, lassen alles raus, was ein Musiker rauslassen kann, ohne nur noch Klamotte zu bedienen. Eingeweihte fragen sich daher neugierig, welche Kostümierung in diesem Semester auf welche Musik hindeutet. Rote Stolen, Hörner an der Stirn, Blüten in den Haaren und so weiter machen das Ratespiel leicht am Abend des EM-Endspiels Spanien gegen Italien. Ob man nun die „Carmen“-Klänge als Prognose interpretiert oder nicht – flott trumpfen die Studenten auf.
Aber das Konzert ist eben auch an sich gut, und deshalb genießt das Publikum, von dessen Altersschnitt andere Klangkörper nach wie vor träumen, Takt für Takt bis zu diesem Schluss hin. Ein Programm voller Annehmlichkeiten für Hörer wie Musiker, das fordert und an die Grenzen der Möglichkeiten geht. Gewaltig besetzt spielt das Uniorchester unter Raphael Haeger Bizet, Gershwin und Brahms. Kurzfristig etwas früher am Abend angesetzt – eine weise Entscheidung angesichts des EM-Kalenders. Haeger ist mit klarer, plastischer, zum Teil fast überdeutlicher Zeichengebung der ideale Partner für ein Orchester diesen Niveaus und Anspruchs. Kraftvoll und deftig legt er die erste Arlesienne-Suite an, scheut nicht Bizets Gegensatz zwischen Süße und Herbheit. Dass ein Werk wie Gershwins „Rhapsody in Blue“ eine fast ideale Herausforderung für diese Musiker und zwangsläufig ein Riesenerfolg ist, versteht sich von selbst. Und auch für alle, die das Werk eigentlich mitpfeifen könnten, hat Haeger noch die eine oder andere Überraschung parat.
Eigenwillig und mit dem Gefühl für echten Groove spielt Álvaro Campos Jareno den Klavierpart des Ausnahmewerkes. In angenehmer Weise exzentrisch und vor allem locker gestaltet er eine Musik zwischen allen Stilen. Mit Brahms’ kammermusikalisch gedachter und groß besetzter zweiter Sinfonie gehen die Musiker natürlich an die Grenzen des für Amateure Machbaren. Dennoch formt Haeger beeindruckend und schlüssig ein bemerkenswertes Klanggefüge. Ein solches Programm spielt ein Laienorchester nicht zuletzt, weil es im Moment gute Bläser hat. Und die lassen in der Tat kaum etwas anbrennen. Verblüffend gute Hörner im Brahms sind beispielsweise ohrenfällig und können es gut und gern mit manchem Profi aufnehmen. Ansonsten fallen Homogenität und Spielfreude der Cellogruppe auf. Insgesamt darf man sich freuen über ein solches Klangbild angesichts der immer noch jungen Geschichte des Klangkörpers. Der Universitätsmusik einer Musikstadt steht das jedenfalls gut zu Gesicht.
Tatjana Böhme-Mehner, Leipziger Volkszeitung, Kritik vom 3.Juli 2012